«Gespiegelte Zeit»

Eine Leserin schreibt

«Ich bin tief beeindruckt von den Bildern - ich liebe Schwarzweiss-Fotos ganz besonders. Die Menschen wirken natürlich, nahe, jeder ist eine eigene Persönlichkeit mit eigener, prägender Geschichte...»

Fränzi Bryner

buchcover

Medieninformation Januar 2000

Mit Bildern die Zeit zu messen, eine Entwicklung sichtbar, ja sogar spürbar zu machen, das gelingt dem Berner Fotografen Fritz Berger auf faszinierende Art und Weise im Bildband «Gespiegelte Zeit». In drei Ländern, Griechenland, Nepal und Pakistan, hat Berger dieselben Menschen im Abstand mehrer Jahrzehnte porträtiert. Die 62 Doppelporträts zeigen nicht nur, wie eine Person am selben Ort Jahre später aussieht, älter, verrunzelt, oft aber an Haltung und Gesten gut wiedererkennbar. Ergänzt mit knappen Texten spiegeln Fotografien vielmehr die Entwicklung des gesamten Umfeldes der Porträtierten. «Zwei Bilder zwingen den Betrachter zum Vergleich», sagt Al Imfeld im Vorwort zum Fotoband. In Bergers Bildern ist der «Fortschritt» jeweils ein Stück Lebenslauf von Menschen, mit denen der Fotograf selbst ein Stück Weg gegangen ist. «Gespiegelte Zeit» ist ein Bildband über die vergangene Zeit und Veränderungen. gleichzeitig aber auch über die Begegnung. Ein schönes, liebevolles Buch, das wir allen Reisenden ins Handgepäck empfehlen möchten. /plus

arbeitskreis tourismus & entwicklung, basel


Gedanken zum Fotobuch

«Ich finde das Buch sowie von der Idee als auch von den Fotos und der Aufmachung her sehr überzeugend. Zeit ist etwas, das vergeht, und Vergangenheit existiert eigentlich nur noch in der Erinnerung. Gegenwart empfinde ich normalerweise als lebendiges Jetzt, der Punkt, wo ich gerade bin und von wo aus ich nicht weiss, wie es in der Zukunft weitergeht. Das, was in der Vergangenheit Zukunft war - Neuland, Angst, oder Verheissung, Hoffnungen und Befürchtungen - wird schrittweise lebendig gelebte Gegenwart die irgendwann in den jeweils zweiten Bildern ankommt.

In deinen Bildern ist das Verhältnis zwischen Gegenwart und Vergangenheit anders als ich es gewöhnlich empfinde. Die Gegenwart ist weiter weg, da mir die Kulturen nicht vertraut sind. Und die Vergangenheit scheint in deiner Art zu fotografieren ganz und gar lebendig und dadurch erzielen die Bilder etwas zeitlos Gültiges. Seltsam auch, dass du als Fotograf damals ungefähr gleichaltrig warst wie die fotografierten Leute und jetzt bist du es immer noch. Und dazwischen liegen Jahrzehnte von Erfah-rungen, die jeder für sich gemacht hat. Wie Lebenslinien die sich manchmal schneiden. Und dann sind Fotos entstanden an der Kreuzachse.

Was mir auffällt, ist, dass die Bilder eine viel tiefere und vielschichtigere Wirklichkeit ausdrücken als die Texte, für mich jedenfalls. Die Texte schreiben über äussere Lebensverhältnisse, eher über Veränderungen, während die Bilder, die ja viel mehr erfassen (Alltagswirklichkeiten das augenblickliche Licht, eine Stimmung, Gesten, Kleidung, Gesichtszüge, Haltung, Umfeld...) eher mit der in Titel angesprochen "Wandlung" zu tun haben. "Wandlung" hat für mich eine tiefere, umfassendere Bedeutung als "Veränderung", da "Wandlung" auch seelische Prozesse mit ein-schliesst. Doch die bleiben gleichzeitig ein Stück weit im Geheimnisvollen. Das ist auch gut so, denn die Versuchung ist bei so einem Buch ist viel-leicht tatsächlich gegeben zu "werten" und darzustellen, ob es den Menschen jetzt "besser" oder "schlechter" geht. Es wäre verführerisch ein Weltbild mit einzubauen oder ein Geschichtsbild, was du zum Glück nicht machst, sondern nur Augenblicke einfängst.

Wie die beiden Augenblicke zueinander stehen, lässt sich nur fühlbar erschliessen, wahrnehmen oder gar nicht definieren und entschlüsseln. Viel bleibt im Verborgenen: Wie denken die Menschen über ihr Leben. Haben sie auf den ersten Bildern an eine gute Zukunft geglaubt, oder haben sie sich davon wenig erwartet? Hätten sie ihr Leben nochmals so gelebt? Sind sie von heute aus gesehen im grossen und ganzen einverstanden damit? Wie hat sich ihre grundsätzliche Einstellung zum Leben verändert? Sind sie von der Grundsicht her eher zufrieden oder unzufriedene Menschen, was ja nicht unbedingt von der äussern Situation abgeleitet ist? Hat die Realität Träumen standgehalten? Ist die Zukunft eher schön geworden für die, die an sie geglaubt haben, und eher traurig für die, die Trauriges erwartet haben? Solche Fragen kommen mir beim Betrachten der Bilder. Sie öffnen einen weiten Raum.

Die Aufmachung ist Klasse. Die Vorderseite mit dem inhaltlich sehr passenden Titel und seiner Gestaltung ist sehr professionell und ansprechend. Gut gefällt mir auch, dass hinten etwas zu den Orten steht und auch deren Wandlung im Bild dokumentiert ist. Die Einleitung und der Text auf der Rückseite finde ich gut und klar.

Jedenfalls sind die Fotos zum Teil sehr schön. Besonders Seiten 14/15, 28/29, 40/41, 64/65 oder 94/95 und natürlich das wunderbare Titelfoto. Aber auch alle anderen sind sehr dicht und beeindruckend.

Das Vorwort von dem Mann dessen Bild viel zu gross ist und dessen Bedeutung für dich das Buch oder das Projekt nicht klar wird (oder habe ich etwas übersehen?) gefällt mir nicht so gut. Er redet oft in Bilder, Symbole oder Vergleiche, von denen nicht klar wird, wie er sie meint, und dann erläutert er sie gleich wieder mit was, was seinerseits erläuterungsbedürftig wäre. Inwiefern bist du Weiser Geworden? Weiser als wann? Wie lange kennt er dich den schon und wie gut? Was ist den hier Blues oder Tango?»

 
von Mio Sabine Grepel, Berlin

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